von Sabine Neugebauer
Sabotage an der eigenen Entscheidung? Ja, so etwas kommt vor! Wenn wir im Grunde nicht glauben, dass wir damit erfolgreich sein werden, dann haben wir keine Kraft zur Umsetzung. Woran kann das liegen? Und weshalb sollten wir nicht so schnell aufgeben?
Gebremster Elan
Wenn ich mit angezogener Handbremse losfahre, dann komme ich nicht recht von der Stelle. Und vielleicht schmoren auch die Bremsen durch. Zum Glück gibt es in modernen Autos ein Warnsignal, ein Lämpchen oder Piepsen, was mich darauf aufmerksam macht!
Wenn die Umsetzung einer Entscheidung auf der Stelle tritt, dann ist da möglicherweise eine innere Bremse am Werk. Irgendein meist unbewusster Teil glaubt nicht daran, dass die Entscheidung gut umsetzen werde. In diesem Blogbeitrag will ich Ihnen mögliche "Bremsen" für die Umsetzung vorstellen. Sie haben alle damit zu tun, dass die "Erwartung", das Ziel der Entscheidung auch zu erreichen, verringert wird. Das zugrundeliegende pschologische Modell finden Sie in diesem Blogartikel.
Was bremst die Erfolgserwartung einer Entscheidung aus?
- Von ersten Problemen überrascht
- Neuland
- Negative Beispiele
- Schlechte Erfahrungen
- Geringes Selbstwertgefühlt allgemein, keine Selbstwirksamkeit
- Tatsächlich schwierig
1. Von ersten Problemen überrascht
Die ersten Stolpersteine haben deshalb so eine große Wirkung, weil sie die Vorstellung umstoßen, es ginge alles glatt. Nun ist bewiesen, dass es Schwierigkeiten gibt. Und damit sinkt die Erwartung, es insgesamt zu schaffen, gleich überpropertional ab.
Aber weshalb? Probleme sind, mal sachlich gesehen, doch normal. Und ein erstes Hindernis zeigt überhaupt nicht, dass noch viele folgen werden. Realistischer ist es, Probleme zu erwarten und sich nicht ins Bockshorn jagen zu lassen, sondern sie nacheinander abzuarbeiten.
Nehmen wir das Beispiel von Lars und seiner Entscheidung, mehr Sport zu treiben, das Sie von früheren Blogbeiträgen schon kennen. Nach den ersten Trainings im neuen Handballverein kam eine Grippe dazwischen, so dass Lars drei Wochen aussetzen musste. Danach war er weit weniger optimistisch, was seinen Entschluss anging. Aber ist eine Grippe im Winter denn so ungewöhnlich?
2. Neuland
Betreten wir mit einer Entscheidung neues Terrain, dann können wir die Schwierigkeit der Umsetzung nicht beurteilen. Es kommen vielleicht Hindernisse auf, an die man gar nicht gedacht hatte.
Auch Lars hatte Neuland betreten - nicht was den Sport betraf, sondern beim nötigen Nein-sagen. Da das Handballtraining einen festen Termin hatte, musste er diese Zeit freischaufeln. Darin
hatte er wenig Übung. Im Gegenteil, er sprang immer gerne ein, wenn er gebraucht wurde, ob im Beruf oder bei Freunden. Was würde passieren, wenn er da Grenzen setzen würde? Diese Nebenwirkung
seiner Sport-Entscheidung wurde ihm erst klar, als er mit der Umsetzung anfing.
3. Negative Beispiele
Orientierung findet man gerne im Umfeld: wie gehen andere mit einer ähnlichen Entscheidung um? Von deren Beispiel schließen wir auf unsere Entscheidung - und lassen uns entmutigen, wenn andere etwas nicht hinbekommen.
Vielleicht hing Lars die Entwicklung bei einer Kollegin nach, als er dem Projekt zustimmte und den damit notwenigen Überstunden auch am Trainingsabend. Die Kollegin hatte kurz vor ihm in der Firma angefangen und war anfangs als "Talent" hofiert worden. Dann hatte sie aber ihre Prioritäten stark in Richtung ihres Hobbys Musik verändert. Sie sang in einer Band, und mit zunehmendem Erfolg kamen Auftritte, die ihr wichtiger waren als Projekttermine. Sie stieg aus dem Projekt aus, was der Chef ihr echt übel nahm.
4. Schlechte Erfahrungen
Vielleicht haben wir selbst einmal schlechte Erfahrungen in einer ähnlichen Situation gemacht? Grundsätzlich ist es gut, aus diesen Erfahrungen zu lernen. Meist allerdings wird ein Scheitern verdrängt und macht sich nur als ungutes Gefühl bemerkbar. Können wir es bewusst reflektieren, so finden wir hilfreiche Ansätze, es nun besser zu machen.
Lars merkte beispielsweise immer eine große innere Hürde, wenn er länger beim Training gefehlt hatte. Als er das mit seinem Freund Sven besprach, der auch dort Handball spielte, fiel ihm plötzlich eine Situation aus der Schulzeit ein: Er war drei Wochen krank gewesen, und danach hatten ihn seine Freunde nicht mehr mit Fußball spielen lassen. Das hatte ihn hart getroffen und er wusste sich als Kind nicht zu wehren. Als ihm das klar war, konnte er mit Sven darüber reden, wie sein Fehlen in der heutigen Mannschaft aufgenommen wurde. Und das war - natürlich - viel "erwachsener".
5. Geringes Selbstwertgefühl
Das Selbstwertgefühl ist eine recht stabile Persönlichkeitseigenschaft. Bei geringem Selbstwertgefühl traut sich jemand generell wenig zu. Insbesondere die Selbstwirksamkeit ist in diesem Zusammenhang wichtig: die Überzeugung, dass ich im eigenen Leben etwas bewirken kann.
Wer öfter an seinen Entscheidungen zweifelt, kann das zum Anlass nehmen, den Selbstwert zu stärken. In leichten Fällen hilft es, Zuwendung von Freunden zu organisieren, soziale Vergleiche und Perfektionismus zu bändigen und sich öfter an reale Erfolge zu erinnern. Bei ausgeprägten Minderwertigkeitsgefühlen sollte man die Unterstützung eines Therapeuten suchen.
6. Tatsächlich schwierig
Und wenn es sich herausstellt, dass die gefällte Entscheidung in der Tat viel schwieriger ist als zunächst angenommen? Dann kann man natürlich den Entschluss wieder revidieren. Allerdings gab es ja Gründe dafür! Also ist die zweite Alternative, die eigenen Kräfte zu stärken und sich schlau zu machen, wie man es dennoch schaffen kann. Problemlösung ist eine Kompetenz, die man lernen kann - und die immer nützlich ist.
Bei Lars könnte z. B. der zeitliche Konflikt mit der Projektarbeit ein hartnäckiges Problem sein. Nun wäre es eine Alternative, das Handballtraining aufzugeben und stattdessen ins Sportstudio
zu gehen, das jeden Tag bis spät abends offen hat. Aber Lars könnte auch die Herausforderung annehmen, die Überstunden einzudämmen. Klagten nicht auch die anderen Projektmitarbeiter über die
unstrukturierten Sitzungen und die unverbindlichen Zeitgrenzen? Er könnte sich mit anderen zusammentun und bessere Arbeitsmethoden einfordern. Wenn das gelingt, dann hat er nicht nur sein
Vorhaben Handball gerettet, sondern auch seiner Firma einen guten Dienst erwiesen.
Wachstum auf dem Weg
Manchmal scheint es rückblickend so, als hätte das Leben einen auf einen Weg gelockt, den man nie gewählt hätte, wenn man die Schwierigkeiten vorausgesehen hätte. Und dann sind die Kräfte Schritt für Schritt mitgewachsen. Das Wissen und die Fähigkeiten, die der Entschluss erforderte, die hat man auf dem Weg gelernt. Am Ende kann man stolz auf seine Entscheidung blicken, die so viel Wachstum gebracht hat.
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